Zum Inhalt springen

Siegburger Ehrenamtspreis:Ehrenamt ist lobenswert, aber Ehrenamtliche sind auch schützenswert!

Ende März wurde in Siegburg der 3. Siegburger Ehrenamtspreis vergeben. Von einer 13-köpfigen Jury wurden die Preisträgerinnen und Preisträger bestimmt. Qua Amt durfte ich erstmalig als Jurymitglied mit dabei sein – eine große Ehre und Verantwortung! Dieser Geist wehte auch in der Abstimmungssitzung. Über gute Ergebnisse wurde ernsthaft gerungen.
Lichtkreuz im KSI
Datum:
18. Juni 2025
Von:
Andreas Kaul

von André Schröder, kommissarischer Direktor des KSI

Das Thema Ehrenamt spielt nicht nur bei uns in der Kirche oder im kommunalen Bereich eine große Rolle. Laut Bundesinnenministerium sind fast 30 Mio. Menschen in Deutschland ehrenamtlich aktiv. Seit einigen Jahren steigt die Zahl ehrenamtlicher Helferinnen und Helfer sogar. Waren es 1999 noch rund 30% der Bevölkerung sind es laut Freiwilligensurvey von 2019 ca. 40%. Auffällig ist, dass der Anteil in der Altersgruppe über 65 von 18% auf gut 31% gestiegen ist.
Das Freiwilligensurvey berücksichtigt neben klassischem Ehrenamt (Vereinstätigkeiten, Seniorenhilfe, Wahlhelfer/innen, Elterninitiativen, Fundraising etc.) erfreulicherweise auch den unentgeltlichen Einsatz im Internet. Unzählige Menschen leisten täglich viele Stunden ihrer Zeit in Foren, Blogs, beim Erstellen von Newslettern, Online-Analysen, in sozialen Netzwerken oder beim Redigieren von Wikipedia-Einträgen. Über die Schäden durch Online-Betrug wird viel gesprochen, aber wie viel größer wäre der Schaden, wenn es die treuen Seelen nicht gäbe, die uns vor der nächsten Betrugsmasche schützen?
Schützen ist dabei ein ganz entscheidendes Stichwort: An unterschiedlichen Stellen konnte ich in den letzten Jahren beobachten, wie gesagt wurde, man könne sich hauptamtliche Strukturen nicht mehr in dem Umfang leisten und müsse mehr Verantwortung in die Hände Ehrenamtlicher legen. Dieser Trend geht einher mit einer Tendenz zur Subjektivierung von Arbeit. Die Mitarbeitenden oder Ehrenamtlichen sollen mehr Autonomie genießen, sollen selbst entscheiden können, wie sie ihre Arbeit organisieren und gestalten. Subsidiarität ist das Stichwort. Aber das christliche Sozialprinzip der Subsidiarität kennt zwei Seiten: ein Kompetenzanmaßungsverbot und ein Unterstützungsgebot. Nur wenn beides berücksichtigt wird, kann Verantwortungsübernahme gelingen.
Bereits 2015 beschreibt die Soziologin Stefanie Graefe die Gefahren der Subjektivierung.  Während wir, wenn uns jemand zu viele Aufgaben zumutet, noch eine Projektionsfläche für unsere Überlastung haben, sind wir im subjektivierten Arbeitsmodus selbst schuld, da die Organisation ja in unserer Hand liegt. Das ist im Ehrenamt besonders gefährlich, weil oft die nötigen Qualifikationen oder Handlungsspielräume fehlen, um wirksam zu sein.
Ein Beispiel: Im Rahmen der Unruhen in Syrien und den vielen von Flucht betroffenen Menschen, die nach Deutschland gekommen sind, wurde in kurzer Zeit viel ehrenamtliches Engagement benötigt. Menschen haben nicht nur ihre Herzen, sondern auch ihre Türen geöffnet, um zu unterstützen. Sie haben Wohnraum zur Verfügung gestellt, bei Amtsgängen unterstützt, Kindern bei den Hausaufgaben geholfen und ihre neuen Nachbarn zu Sprachkursen gefahren. Nicht selten stießen sie dabei auf frustrierende bürokratische Hürden, die sie an den Rand ihrer Einsatzbereitschaft brachten. Wenn sich herausgestellt hat, dass der eigene Schützling doch kein dauerhaftes Bleiberecht in Deutschland erhält, wurde das von vielen als persönliche Niederlage empfunden. Vielleicht hätte man die Abschiebung ja noch verhindern können. Was bleibt, sind Frust und Enttäuschung. Hier braucht es Unterstützung, Entlastung und die Möglichkeit, sich mit Professionellen über die eigenen Erfahrungen auszutauschen. Wie das gelingen kann, zeigen gute Beispiele. 
Viele Bereiche unseres gesellschaftlichen Miteinanders wären ohne Ehrenamt heute gar nicht mehr denkbar. Es ist wichtig, das Ehrenamt zu fördern und ihm, wie mit dem Siegburger Ehrenamtspreis, die nötige Anerkennung zukommen zu lassen. Gleichwohl dürfen wir nicht den Fehler begehen, ehrenamtlich Engagierte zu Lückenbüßern zu degradieren oder sie mit ihrem Einsatz allein zu lassen. Wenn ehrenamtliches Engagement und professionelle Unterstützung zusammenkommen, können Menschen über sich hinauswachsen und ein unbezahlbarer Mehrwert für ihr Umfeld sein.